Lesen lernen: Wie geht das überhaupt?
Lesen ist doch ganz einfach! Das denken meist diejenigen, die es (schon) können. Doch Lesen ist eine sehr komplexe Aufgabe, während der sehr viele Verarbeitungsprozesse gleichzeitig ablaufen. Denn um einen Text nicht nur zu lesen, sondern auch zu verstehen, benötigen wir auch Hintergrundinformationen, die entsprechend abgerufen werden müssen.
Lesen – was ist das eigentlich?
Lesen ist eine Kulturtechnik, die nicht angeboren ist, sondern erlernt werden muss. Das Gehirn vollbringt dabei wahre Höchstleistungen: Komplexe neurologische Prozesse ermöglichen, dass verschiedene Hirnareale aufeinander abgestimmt arbeiten. Auf diese Weise verbinden sich Bilder und Objekte mit dem Sprachzentrum. Für das Textverständnis muss zusätzlich bereits vorhandenes Wissen aktiviert werden. Beim Lesen verknüpfen sich also im Gehirn Bilder und Symbole (sehen) mit Lauten (hören) und einem Kontext (wissen).
Lesen lernen – wie geht das?
In einem allerersten Schritt hin zum Lesen wird ein Bild (zum Beispiel ein Auto) mit einer Bedeutung verknüpft. Beim Auto wäre das: Hat vier Reifen, man kann damit fahren, es gibt verschiedene Hersteller, Papa hat ein kleines rotes, und so weiter.
Im nächsten Stadium lernt das Kind die alphabetische Schrift. Jetzt stellt es also eine Verbindung zwischen Lauten und Schriftzeichen her. Dafür ordnet es einem Wort ein entsprechendes Wortbild zu. Wenn dieser Lernprozess gelingt, kann ein Kind technisch gesehen lesen.
Als letzte Stufe erfolgt schließlich die Sinnerfassung: das Verstehen und Interpretieren eines Textes.
Die Theorie des 2-Wege-Modells geht dabei von zwei unterschiedlichen Wegen beim Lesen aus: Einmal greift man unmittelbar auf ein Wortbild-Lexikon zu. Beim zweiten, indirekten Weg liest man das Wort buchstabenweise. Neurologische Studien bestätigen, dass für das Lesen und Schreiben beide Wege wichtig sind.
Kompetentes Lesen: Verknüpfung von Teilprozessen
Die Automatisierung dieser einzelnen Prozesse ist natürlich Übungssache. Nur, wenn das Lesen automatisch abläuft, kann man sich auch tatsächlich auf den Inhalt konzentrieren. Das Leseverständnis ist außerdem abhängig von der Verknüpfung der einzelnen Wissensbereiche.
Hürden für Leseanfänger und Kinder mit LRS
Wer lesen kann, tut das ganz selbstverständlich und ohne bewusst darüber nachzudenken. Leseanfänger und Kinder mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hingegen müssen die einzelnen Prozesse erst erlernen, um sie in einem nächsten Schritt miteinander kombinieren zu können. Jeder einzelne Schritt muss in sich zerlegt und eingeübt werden. Deshalb kann der Lesevorgang nicht von heute auf morgen erlernt werden, sondern erfordert Zeit und Geduld – bei manchen Kindern mehr, bei einigen weniger.
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Illustrationen: Jakob Weyde © LegaKids Stiftungs-GmbH
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