Lerntherapie in Corona-Zeiten / Video-Sprechstunden, mögliche Praxismaßnahmen

Liebe Lerntherapeutinnen und -therapeuten, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Lerntherapie Corona-Zeitenes gibt Schulschließungen und Verunsicherung allerorten. Was können lerntherapeutische Praxen in dieser Zeit beitragen, um Kinder und Eltern zu unterstützen? Die Corona-Krise entwickelt sich sehr dynamisch. Wir werden kontinuierlich versuchen, Schritte und Möglichkeiten aufzuzeigen. Sollten Sie ergänzende oder korrigierende Informationen oder Ideen haben, bitte geben Sie diese gerne an uns weiter. Danke!

Nicht nur für die Familien ändert sich vieles. Auch Lerntherapeut*innen stehen vor einer Herausforderung: Wie können wir den Praxisbetrieb aufrechterhalten, Kindern und Eltern weiter zur Seite stehen? Wie können wir gleichzeitig zu starke Einkommensverluste vermeiden?

Mit diesem Beitrag möchten wir einige Handlungsmöglichkeiten skizzieren.

Ein wesentlicher Punkt für uns als Therapeut*innen ist es, den positiven Beziehungseffekt zu erhalten, gerade in dieser Phase der Unsicherheit. Einige Eltern hoffen darauf, dass die Kinder weiterhin in die Praxis kommen können. Ob Sie Präsenztermine aufrecht erhalten möchten, liegt bisher in Ihrer Verantwortung. Derzeit ist die allgemeine Empfehlung, möglichst weitgehend auf soziale Kontakte zu verzichten.

Vorschläge zu Maßnahmen im Praxisbetrieb

Falls Sie die Praxis offenhalten möchten oder müssen, bietet es sich an, das Wartezimmer möglichst leer zu halten. Zwischen den Stunden sollten jeweils mindestens zehn Minuten liegen. In dieser Zeit besteht die Möglichkeit, Türklinken, Lichtschalter, Wasserhahn, Stuhllehnen etc. zu desinfizieren und sich die Hände zu waschen. Auch die Kinder sollten angehalten werden, vor Stundenbeginn die Hände gründlich zu waschen. (Wie Sie bei Bedarf selbst Desinfektionsmittel herstellen können, lesen Sie hier.)

Dazu gehört natürlich, Händeschütteln und anderen Körperkontakt zu vermeiden sowie einen Abstand von mehr als einem Meter einzuhalten. Erklären Sie den Kindern, dass dies derzeit zu ihrem eigenen Schutz so sein muss. Teilen Sie den Eltern auch mit, dass Sie nach jeder Stunde die entsprechenden Gegenstände reinigen (auch Lernspiele etc.). Darüber hinaus folgen Sie bitte den Vorschlägen des Robert Koch Instituts.

Einige Eltern ziehen es vor, ihre Kinder nicht mehr in die Praxis zu schicken. Diese Absagen, natürlich auch die der Kinder, die sich kürzlich in Risikogebieten aufgehalten haben, sollten Sie dokumentieren. Evtl. könnte es später möglich sein, diesen Verdienstausfall geltend zu machen.

Wenn Sie die therapeutische Begleitung ohne Präsenztermin in der Praxis fortsetzen wollen, bieten sich Videosprechstunden an.

Gedanken zu Online-Therapiesitzungen / Videosprechstunden

Es gibt die Möglichkeit über (verschlüsselte) Video-Sprechstunden zu arbeiten. Dazu gibt es eine Liste zertifizierter Anbieter, die die KBV aktuell online gestellt hat.
Wichtig erscheint es uns dabei, die Strukturen weitgehend beizubehalten, also die bisher geplanten Termine aufrechtzuerhalten und wenn möglich dem Kind weiterhin die gewohnte therapeutische Umgebung (bildlich) nahezubringen. Viele Interventionsmöglichkeiten lassen sich so aufrechterhalten oder neu erschließen.

Emotionaler Bereich:

  • selbstverständlich alle entlastenden Gesprächsmöglichkeiten
  • ressourcen- und lösungsorientierte Interventionen für die besonderen Situationen, die die Kinder nun erleben
  • Möglichkeiten zur Selbstmotivation und -strukturierung

Leistungsbereich:

  • Texte vorlesen lassen bzw. gemeinsam lesen.
  • Texte verfassen, die das Kind am Computer schreibt, die während der Stunde auch hin und her gemailt werden können.
  • Lernspiele, die das Kind am Computer spielt, begleiten, erklären, Hilfestellung geben
  • Lernstrategien und Lernplanung für zu Hause erarbeiten
  • Viele der Videos, Spiele und Arbeitsblätter von LegaKids können in diesem Zusammenhang verwendet werden

Arbeit mit den Eltern:

Die Eltern stehen oft vor der besonderen Frage: Wie das Kind beschäftigen? Auch hier können die Praxen helfend und beratend zur Seite stehen, Strukturen im Tagesablauf für Eltern und Kinder zu finden, Anregungen zum täglichen Lernen zu geben, Lernmaterial zu empfehlen, ggf. mailen usw.

Für die Einrichtung und Gewöhnung braucht es sicher für Therapeut*Innen, Eltern und Kinder seine Zeit. Wichtig wird es sein, auch hier den geschützten Therapieraum zu erhalten bzw. aufzubauen. D.h. dass die Kinder für das vertrauliche Gespräch allein im Raum sein sollten, außer es ist ein gemeinsames Gespräch mit den Eltern bzw. einem Elternteil geplant.

Abrechnung mit dem Jugendamt

Falls die Therapie über das Jugendamt finanziert wird, sollte das Amt schriftlich informiert werden, dass geplant ist, die Abrechnung der Stunden eins zu eins beizubehalten, so wie es bei den psychotherapeutischen Praxen möglich ist. Am besten bitten Sie um eine unbürokratische Handhabung. (Einen Formulierungsvorschlag hängen wir unten an.)

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihren Maßnahmen und bleiben Sie gesund!

Ihr Team von LegaKids
Dr. Britta Büchner, Michael Kortländer

 

Formulierungsvorschlag zur Kostenübernahme von Video-Sprechstunden

ANFRAGE bzgl. Sonderregelung der Therapiebedingungen zur Zeit von Schulschließungen wegen des Corona-Virus

Ab Montag, 16.03.2020 werden in Bayern Schulen und Kindergärten flächendeckend bis nach den Osterferien (20.04.2020) geschlossen. Da aktuell die generelle Empfehlung gilt, soziale Kontakte möglichst zu reduzieren, sind somit auch Präsenztermine in unseren Praxen in Frage gestellt.

Diese neue Situation stellt betroffene Kinder, ihre Eltern sowie Legasthenietherapeut*innen vor eine schwierige Situation, in der klare Empfehlungen und Regelungen des Kostenträgers notwendig sind. Aus diesem Grund möchte ich Sie bitten, die neue Lage aus Klienten- und Therapeutensicht zu durchdenken und möglichst bald zu folgender Frage Stellung zu beziehen:

Ist eine Abrechnung für Online-Therapiestunden möglich?

Für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen ermöglichen die Kassen dies seit 2018 bzw. 2019.
Online-Therapiestunden könnten dazu beitragen, sowohl die psychologischen Folgen für Kinder als auch die finanziellen Konsequenzen der Therapeut*innen im Rahmen zu halten. Die neue Lage verunsichert Kinder, die sich u.a gerade wegen emotionaler Belastungsstörungen in Therapie befinden, möglicherweise besonders. U.a. aus diesem Grund ist eine kontinuierliche therapeutische Unterstützung wichtig.

Online-Therapiestunden könnten einen wichtigen Beitrag leisten, Kinder in der neuen Situation des häuslichen Lernens motivational zu unterstützen, ihnen dabei zu helfen eine Alltagsstruktur aufrechtzuerhalten und damit ihre Eltern zu entlasten. In Online-Therapiestunden (z.B. per verschlüsselter Video-Sprechstunde) können viele der traditionellen Therapieelemente beibehalten und neue Elemente als Anpassung an die besonderen Herausforderungen der neuen Lage angeboten werden.

Wir Therapeut*innen können solche Leistungen allerdings nur gegen die Versicherung einer finanziellen Kostenübernahme anbieten. Aufgrund der akuten Situation hoffen wir auf eine unbürokratische Regelung.

Vielen Dank für eine zeitnahe Antwort, gerne auch per Mail.

Mit freundlichen Grüßen

(Dieser Formulierungsvorschlag wird von Dipl.-Psych. Eva Nagy und Dr. Britta Büchner zur Verfügung gestellt.)

Bildquelle: fotolia.com ©-muehlberg-scaled

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3 Responses zu “Lerntherapie in Corona-Zeiten / Video-Sprechstunden, mögliche Praxismaßnahmen”

  1. Susanne Seyfried 29. März 2020 um 19:53 #

    Eurer Formulierungsvorschlag zur Kostenübernahme von Video-Sprechstunden ist sehr hilfreich gewesen. Ich habe die Vorlage zum großen Teil übernommen und 1 Tag später kam die Zusage, dass ich online weiterarbeiten und übers Jugendamt abrechnen darf. Vielen lieben Dank für die Formulierungshilfe. Ihr habt mir wirklich sehr weitergeholfen und unheimlich viel Zeit erspart. Dankeschön. Lieben Gruß aus Villingen-Schwenningen Susanne Seyfried

    P:S. ich arbeite schon länger online, der Schwerpunkt war immer vor Ort, aber durch die besondere Situation läuft die Lerntherapie nun zu 100% online.

    • mm
      Britta Büchner 30. März 2020 um 10:16 #

      Liebe Frau Seyfried, vielen Dank für die Rückmeldung – da macht die Arbeit gleich noch mehr Freude 🙂 Auch das Münchner Stadtjugendamt hat in der Zwischenzeit grünes Licht für die Online-Therapie gegeben.
      Ihnen weiterhin alles Gute und viele Grüße

      Britta Büchner
      PS: Über besondere, spielerische Ideen, die in der Online-Situation gut umsetzbar sind, freuen wir uns!

  2. Küchenrückwand 10. April 2023 um 15:20 #

    Super Webseite, danke für die tollen Einblicke… werde hier auch in Zukunft zurückgreifen 😉 DANKE !!!! Liebe Grüße Tilda

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