Mädchen können nicht rechnen! Oder doch?

Mädchen beim RechnenGoogelt man die Phrase „Mädchen können nicht rechnen“, erhält man im Bruchteil einer Sekunde etwa 11.800.000 Ergebnisse. Da muss doch wohl was dran sein, oder?

Eine interessante Frage, nicht nur am Weltfrauentag:

Sind Mädchen in Mathematik wirklich schlechter?

Alle Schulleistungs-Vergleichsstudien der letzten Jahre kommen in Deutschland zu ähnlichen Ergebnissen: Mädchen schneiden in matehmatischen und naturwissenschaftlichen Tests durchschnittlich weniger gut ab als Jungen. Für PISA 2015 gilt: „In Deutschland erreichen weniger Mädchen als Jungen im Bereich Naturwissenschaften Kompetenzstufe 5 oder darüber. … In Deutschland erzielen die Jungen in Naturwissenschaften im Durchschnitt 10 Punkte mehr als die Mädchen, womit der geschlechtsspezifische Leistungsunterschied größer ist als im OECD-Durchschnitt.“ (vgl. Ländernotiz Deutschland der OECD 2016)

Genetisch oder sozial bedingt?

Woran das liegt, darüber streiten sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Nach wie vor erleben Mädchen oft, dass man sie für mathematisch nicht so geeignet hält. So gehen sie bald selbst davon aus, dass sie nicht so begabt für das Verstehen mathematischer und naturwissenschaftlicher Vorgänge sind wie Jungen. In der Folge trauen Mädchen sich oft weniger zu – und meinen, dass sie nicht gut in Mathe seien – selbst dann, wenn sie genauso gut abschneiden wie die Jungs in ihrer Klasse. Genauer wird dies in einem Spiegel-Artikel von Lena Greiner beschrieben: Falsches Selbstbild – Wie die Erziehung die Mädchen schlechter rechnen lässt

Gleichzeitig gibt es auch Studien, die Geschlechtsunterschiede in der Herangehensweise an mathematische Aufgabenstellungen ausmachen. Gibt es also doch eine gewisse biologische Basis für Unterschiede? Diese Aspekte beleuchtet der SZ-Artikel Sind Frauen wirklich schlechter in Mathe als Männer? von Marlene Weiß etwas näher.

Philip Stirm vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung fügt der Diskussion einen weiteren Aspekt hinzu. Der Einfluss des Geschlechts auf die Leistungen von Schulkindern fällt nämlich je nach sozialer Herkunft unterschiedlich aus! Verallgemeinernde Aussagen über den Bildungserfolg DER Jungen oder DER Mädchen, so Stirm, greifen also zu kurz, da deren Leistungsunterschiede sozial bedingt variieren.  Nachzulesen sind diese interessanten Ergebnisse im Artikel Mädchen können besser lesen, Jungen besser rechnen? So einfach ist es nicht!

Mehr Mädchen und Frauen in Berufen mit naturwissenschaftlichem Bezug!?!

In Deutschland gehen Mädchen – auch in Mathematik besonders gute Schülerinnen – mit geringerer Wahrscheinlichkeit als Jungen davon aus, später einen Beruf mit einem naturwissenschaftlichen Bezug auszuüben. Aber es scheint sich etwas zu ändern. Zahlreiche Bildungsforscherinnen und -forscher bemerken ein gewandeltes gesellschaftliches Bewusstsein. Es gäbe auch mehr und mehr erfolgreiche Rollenmodelle für Frauen und Mädchen. So stimmt wenn schon nicht die deutsche, so doch die internationale Datenlage zuversichtlich: Vielleicht gibt es also in einigen Jahrzehnten genauso viele Nobelpreisträgerinnen wie -träger in den naturwissenschaftlichen Fächern 🙂

Bildquelle: @ fotolia.com / epiximages

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2 Responses zu “Mädchen können nicht rechnen! Oder doch?”

  1. S. Maetschke 4. April 2019 um 14:37 #

    Nicht nur die Erziehung in der Familie, auch die Beeinflussung durch die Peergroup spielt eine große Rolle. Mädchen, die einer Gruppe von v.a. mathematisch weniger interessierten Mädchen angehören, machen sich auch leichter deren Denkweise „Mädchen können nicht rechnen“ zu eigen. So habe ich es bei Teenagern beobachtet. Obwohl diese nie Schwierigkeiten in Mathematik hatten, schlug sich die (durch die Freundinnen beeinflusste) negative Denkweise sofort in den Leistungen nieder, trotz entgegengesetzter Argumentation der Eltern. Zum Glück wurde ein landesweiter Mathematiktest in der Schule abgehalten, bei dem einige unter die Besten kamen. So war das Argument „Mädchen- ich auch, sind schlecht in Mathe “ nicht mehr stichhaltig.
    Viele Grüße
    S. Maetschke

    • mm
      Britta Büchner 4. April 2019 um 14:42 #

      Vielen Dank, liebe/r S. Maetschke,

      für diese wichtige Erfänzung. Die Peergroup spielt sicher eine große Rolle. Ich denke, das ist ein Punkt, der z.B. in einer reinen Mädchenschule dann wegfällt …. Aber dafür gibt es da wiederum andere Nachteile 🙂

      Viele Grüße

      Britta Büchner

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