Pressemitteilung: „Leseschwäche ist kein genetischer, sondern ein gesellschaftlicher Defekt“
Vereinte Nationen begehen am 20. November den Weltkindertag als Internationalen Tag der Kinderrechte – LegaKids Stiftung fordert mit der Initiative „Recht auf Lesen“ konsequente Leseförderung
München, 4. November 2016 – Wer nicht oder nur schlecht lesen kann, bleibt in unserer Gesellschaft vom Leben weitgehend ausgeschlossen. Alle Arten an Informationen werden schriftlich vermittelt – Wissen ebenso wie Unterhaltsames, die Inhaltsstoffe auf Lebensmittelverpackungen oder die Nebenwirkungen von Medikamenten auf Beipackzetteln. Deshalb ist es unumgänglich, dass Kinder, die sich mit dem Lesen und Schreiben schwer tun, gefördert werden. „Wenn aber Kinder, die sich mit dem Lesen schwerer tun als andere, durch die Diagnose „Legasthenie“ zu Patienten gemacht werden, verlieren sie ihr Recht auf Lesen“, sagt Britta Büchner, Lerntherapeutin und Leiterin des Projektes LegaKids.net. Sie übt anlässlich des Weltkindertages Kritik am praktizierten klinisch-medizinischen Fokus.
Millionen Kinder drohen den Anschluss zu verlieren
In Deutschland gibt es 7,5 Millionen „funktionale Analphabeten“. Jedes sechste Kind verlässt die Schule, ohne ausreichend lesen zu können. Erschreckende Fakten über ein Land, das kein Entwicklungsland ist. Die Regierung hat gar die Dekade der Alphabetisierung und Grundbildung ausgerufen.
„Die Eltern fühlen sich schlicht im Stich gelassen“, sagt Büchner. Aber das Schlimmste für sie: Oft werden Schuldzuweisungen auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Diese seien zu dumm, zu faul oder sie hätten eine „Störung“. „Die Ursachen der Probleme werden letztlich alleine dem Kind zugeschoben, das sich dann selbst auch als Problem wahrnimmt.“
Das Recht auf Lesen müsse in den Schulen gewahrt werden und dürfe nicht durch eine Diagnose „Legasthenie“ in den medizinischen Bereich verlagert werden. So würden Kinder zu Patienten und Lehrkräfte und Schulen sehen sich für Patienten nicht zuständig.
Dabei trägt eine frühe spezifische Förderung ab der Grundschule nachweislich dazu bei, Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten und damit verbundenen Ängsten vorzubeugen bzw. diese zu überwinden. „Es gibt kein Medikament gegen Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten. Wirksam ist nur eine pädagogisch fundierte Förderung, die auf die Stärken und das Veränderungspotential der Kinder fokussiert“, sagt Büchner.
alphaPROF motiviert zum Lesen lehren und lernen
„Lehrer sind oft genauso allein gelassen und hilflos wie die betroffenen Familien“, weiß David Gerlach, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Philips-Universität Marburg und wissenschaftlicher Leiter von LegaKids. „Deshalb haben wir das Programm alphaPROF entwickelt.“
alphaPROF.de ist ein kostenfreies Online-Fortbildungsangebot, das die Diagnose- und Förderkompetenz in Bezug auf Alphabetisierung und Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten von Kindern und Jugendlichen erhöht. Angeboten werden Kurse ebenso wie umfangreiches Informationsmaterial.
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