Lautleseverfahren zur Förderung der Leseflüssigkeit

Paired Reading / LautleseverfahrenWie es um die Leseflüssigkeit eines Kindes bestellt ist, erfährt man schnell, wenn ein Kind laut vorliest. Hier zeigt sich, wie gut ein Kind Wortbilder erfassen kann, ob es die Funktion der Satzzeichen verstanden hat und wie sinnerfassend es lesen und dadurch auch betonen kann. Lautleseverfahren sind aber auch zur Förderung der Leseflüssigkeit sinnvoll.

Kinder auf unterschiedlichen Kompetenzniveaus gemeinsam fördern

Lehrkräfte stehen regelmäßig vor der schwierigen Aufgabe, schwache sowie kompetentere Leser*innen gleichermaßen zu fördern und zu fordern. Lautleseverfahren eröffnen Möglichkeiten, Lernende mit verschiedener Leseerfahrung zusammenarbeiten zu lassen. Da die Übungen von einem „Zweier-Gespann“ (Tandem), das jeweils aus einem/r schwachen Leser/in und einem/r kompetenteren Leser/in besteht, gemeinsam bewältigt werden, kann die gesamte Lerngruppe von dieser Methode profitieren. Während die kompetenteren Leser*innen ihre Lesefähigkeit weiter ausbauen, können sich schwächere Leser*innen (ohne „bloßgestellt“ zu werden) die Artikulation, den Rhythmus und die Satzmelodie von ihrer/m Tandempartner/in „abschauen“.

Die Leseforscherin Cornelia Rosebrock betont, dass schwache Leser*innen mithilfe der Lautleseverfahren lernen, „Wörter richtig zu dekodieren und besser zu artikulieren, […] welche Wörter zusammengehören und wie sie sinnvoll in einen Satzzusammenhang zu integrieren sind, wie schriftsprachliche Satzmuster beschaffen sind, welche Lesegeschwindigkeit der jeweiligen Passage angemessen ist und vieles andere mehr“ (Rosebrock 2011, S. 22).

Wirksamkeit der Methode

Empirische Forschungsergebnisse zeigen, dass die Lesegenauigkeit und die Lesegeschwindigkeit durch Lautleseverfahren signifikant gesteigert werden können und belegen somit eine hohe Wirksamkeit zur Förderung der Leseflüssigkeit. Zudem zeigen die meisten Studien auch Transfereffekte auf das Leseverstehen der Lernenden. Die besten Erfolge werden bei Schülerinnen und Schülern der zweiten  bis vierten/fünften Klasse erzielt – aber auch in der weiterführenden Schule profitieren schwache Leserinnen und Leser von einem systematischen Lautlesetraining.

Die zwei Grundformen des Lautlesens

In der Literatur unterscheidet man zwischen den beiden Grundformen des Lautlesens – dem wiederholten und dem begleiteten Lautlesen.

  • Wiederholtes Lautlesen (repeated reading)
    Diese Form des Lautlesens ist am bekanntesten. Es ist eine Trainingsmethode, in der schwache Leserinnen und Leser durch aktives Vorlesen ihre Dekodierfertigkeiten soweit automatisieren sollen, „dass sie ihre kognitiven Ressourcen zunehmend für die hierarchiehöheren Verstehungsleistungen beim Lesen verwenden können“ (Rosebrock 2011, S. 27). Es funktioniert nach dem Prinzip der Wiederholung, da die schwache Leserin oder der schwache Leser einer/m Leseexpertin/en einen Textabschnitt so lange und so oft laut vorliest, bis ein vorher festgelegtes Maß an Lesegeschwindigkeit erreicht wurde.
  • Begleitetes Lautlesen – Lesetandems (assisted oder paired reading)
    Ein kompetenteres Lesevorbild liest gleichzeitig mit dem schwächeren Leser oder der schwächeren Leserin einen Text laut vor (in einem Lesetandem). „Der kompetentere Leser fungiert dabei als Lesemodell, der dem schwächeren Leser demonstriert, (…)  welche Betonung für welche Satzteile sinnvoll eingesetzt werden sollte“ (Rosebrock 2011, S. 29). Es liegt dem Prinzip Lernen durch Beobachtung und Nachahmung zu Grunde und es gibt verschiedene Grundmuster (z.B. Chorlesen, Echolesen oder Lückenlesen).

Lautleseverfahren mit dem passenden Material

Ziel beider Formen ist es, dem schwächeren Leser oder der schwächeren Leserin immer mehr Verantwortung zu übertragen. Mit dem gemeinsamen Üben liest diese(r) in der Folge immer eigenständiger. Wichtig bei beiden Formen ist es, auf passend gewähltes Textmaterial zu achten. Es sollte bezüglich des Inhalts sowie der Komplexität individuell auf den Leser/die Leserin abgestimmt sein. Tipp: In der lerntherapeutischen Praxis oder zu Hause kann man als besondere Form des Lückenlesens selbst den Erzähltext einer Geschichte lesen. Das Kind übernimmt alle Stellen mit wörtlicher Rede. So liest es gespannt mit 🙂

Weitere Informationen zur Förderung der Leseflüssigkeit finden Sie in Kurs 5 von alphaPROF. (Bitte beachten Sie, dass Sie zunächst die vorherigen Sitzungen von alphaPROF absolviert haben müssen, um Zugang zu dieser Sitzung zu erhalten.)

Literatur:

Rosebrock, C./Nix, D./Riekmann, C./Gold, A. (2011): Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Seelze: Kallmeyer/Klett.

Illustration „Lesetandem“ © LegaKids Stiftungs-GmbH / Jakob Weyde, Franziska Bachmaier

Tags: , , , , ,

Noch keine Kommentare.

Schreiben Sie einen Kommentar

Captcha loading...

Qualifikation und Fortbildung von Lehrkräften zu Alphabetisierung und Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS, Legasthenie)