Hinschauen! Viele Kinder haben eine unerkannte Sehschwäche
Es kommt gar nicht so selten vor, dass bei einem Kind fälschlicherweise von besonderen Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten ausgegangen wird, obwohl dem eigentlich ein anderes Problem zu Grunde liegt. Die Ursache kann auch eine unerkannte Sehschwäche sein. Mit anderen Worten: Das Kind braucht zunächst einmal eine Brille!
Sehschwäche übersehen
Viele Eltern wiegen sich durch die U-Untersuchungen beim Kinderarzt und die Untersuchung vor Schuleintritt in falscher Sicherheit. Wenn ein Kind eine Sehschwäche hat, müsste das ja eigentlich im Rahmen der Routinechecks auffallen. Doch dem ist leider nicht so: Häufig werden Hinweise auf eine (einseitige) Sehschwäche oder visuelle Verarbeitungsprobleme einfach übersehen. Umso wichtiger ist es, dass Eltern, Großeltern und Lehrkräfte die Augen offen halten und bei Problemen beim Lesen und Schreiben nicht ausschließlich an „Legasthenie“ denken.
Hinweise auf eine Sehschwäche
Eine gestörte Entwicklung der Augen kann bleibende Sehbehinderungen nach sich ziehen. Denn erst durch die richtige Zusammenarbeit beider Augen ist beispielsweise das räumliche Sehen überhaupt möglich, das sich bis zum ca. 10. Lebensjahr festigt. Wenn Sie eine oder mehrere der folgenden Beobachtungen regelmäßig bei Ihrem Kind machen, könnte dies auf Schweirigkeiten bei der Entwicklung der Augen hindeuten und sollte unbedingt von einem Kinderaugenarzt/-ärztin abgeklärt werden:
Ein Kind
- liest nicht gern,
- blinzelt sehr häufig,
- kneift oftmals ein Auge zu,
- ist lichtscheu,
- klagt häufig über Kopfschmerzen,
- neigt den Kopf oder hält ihn schief, wenn es etwas betrachtet,
- rückt sehr nah an Gegenstände wie Smartphone, Tablet oder Fernseher heran,
- hält sich Gegenstände nah vor das Gesicht,
- reibt sich häufig die Augen.
Auffälligkeiten in Kindergarten und Schule
Oftmals sind es auch aufmerksame Betreuer oder Lehrkräfte, die bemerken, dass ein Kind Schwierigkeiten mit dem Sehen hat. Hinweise darauf sind beispielsweise, wenn ein Kind:
- Texte oder Bücher sehr nah vor das Gesicht nimmt,
- ein undeutliches Schriftbild hat,
- über Linien herausschreibt,
- beim Lesen rasch ermüdet,
- ständiges Augenreiben und/oder Blinzeln zeigt,
- belastungsabhängige Kopfschmerzen im Stirnbereich oder Augenbrennen hat,
- über verschwommenes Sehen oder undeutliches Tafelbild klagt,
- doppelt sieht.
Brillenträger in der Familie?
Auch wenn Sie selbst oder ein anderes Familienmitglied eine Brille tragen oder unter einer Schielerkrankung leiden, sollte man das Kind sorgfältig untersuchen. Denn nicht selten gibt es hier einen familiären Zusammenhang.
Früherkennung einer Sehschwäche ist wichtig!
Deshalb holen Sie bei einem Verdacht auf besondere Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten in jedem Fall auch Rat beim Kinderarzt/-ärztin oder einem Augenarzt/-ärztin ein.
Bildquelle: © LegaKids Stiftungs-GmbH / Jakob Weyde
Ein sehr wichtiger Hinweise! Leider wird es Eltern aber auch sehr schwer gemacht, die Sehschwierigkeiten vernünftig diagnostizieren zu lassen, wenn es nicht eine einfache Kurz- oder Weitsichtigkeit ist. Bei einem meiner Schüler hat der Kinderarzt z.B. durchaus festgestellt, dass Schwierigkeiten beim Sehen bestehen (auch das Kind selber hat diese Schwierigkeiten geschildert…), der Augenarzt konnte dann aber nichts feststellen. Eine anschließend aufgesuchte Optometristin hat die Sehschwierigkeiten wiederum bestätigt und nochmals eine augenärztliche Untersuchung angeraten. Es folgte eine zweite Untersuchung durch ein andere Augenärztin, wieder ohne Befund… „Glücklicherweise“ habe ich selbst eine Winkelfehlsichtigkeit und konnte daher einen spezialisierten Optiker empfehlen, der letztlich genau das diagnostizierte. Das Kind hat jetzt also eine Brille, kann erstmals in seinem Leben richtig sehen und kann auch jetzt erst in Ruhe Lesen und Schreiben üben. Aussage des Kindes zum Lesen: „Die Buchstaben sind jetzt fest!“
So froh ich für diesen Schüler bin, so schlimm finde ich es doch, dass der Ausgang der Geschichte auf reinem Zufall beruht. Hätte ich nicht zufällig dasselbe Problem, hätte das Kind bis heute keine Brille! Insofern also mein dringender Rat an betroffene Eltern: sich nicht zu schnell zufrieden geben und gezielt auf Winkelfehlsichtigkeit hin testen lassen! Leider tobt um dieses Thema eine Art „Glaubenskrieg“ zwischen Augenärzten und Optikern, so das es nicht leicht ist, jemanden zu finden, der das auch vernünftig diagnostizieren kann. Viele Augenärzt sind der Meinung, dass es diese Problem nicht gibt und die Behandlungsmethoden unseriös sind (wobei es da verschiedene Methoden gibt…) mit dem Ergenis, das den Betroffenen überhaupt nicht geholfen wird.
Liebe Katja, vielen lieben Dank für die hilfreiche Ergänzung und den Praxisbericht! Einen schönen Tag wünscht das alphaPROF-Team!
Wie sind denn Eure Erfahrungen mit Augenärzten und Optometristen ? Ist es wirklich sinnvoll, Kinder zu Optometristen zu schicken?
Schade, dass ich keine Antwort erhalten habe.
Nachtrag zu meinem ersten Kommentar: andere Begriffe für Winkelfehlsichtigkeit sind auch: Heterophorie und „latentes Schielen“