Mehr als ein Warnschuss – Digitalisierung in der Schule
Stetig stieg in den letzten Jahren der Anteil der Jugendlichen, die die Schule verlassen ohne zumindest den Hauptschulabschluss erreicht zu haben. Derzeit sind es 6,8% im Bundesdurchschnitt (vgl. Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt, S. 9). Ein großer Teil dieser Jugendlichen sind oder waren Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben.
Jetzt, in der Coronazeit, wird zudem erschreckend deutlich, dass insbesondere Kinder, die im Homeschooling wenig Unterstützung (von Eltern oder Lehrkräften) bekommen, sowie Kinder, die bereits Lernschwierigkeiten mitbringen, in große Gefahr geraten, den Anschluss zu verlieren.
Die (verpasste) Chance, digitale Medien frühzeitig im Unterricht einzusetzen
Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet, desto stärker verändern sich Lerngewohnheiten schon im frühen Kindesalter und desto drängender stellt sich die Frage nach der Anschlussfähigkeit pädagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen.“
(Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt, S. 235)
In der Zeit der Schulschließungen, des Ausfalls des gewohnten Unterrichts, wird eine Schwachstelle der „neuzeitlichen“ Pädagogik besonders sichtbar: Die gravierende Vernachlässigung digitaler Medien in den meisten deutschen Schulen. Nur wenige Schulen konnten selbstverständlich auf ein funktionierendes Schulnetzwerk zurückgreifen, über das Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern unkompliziert und datensicher kommunizieren können. Videokonferenztools waren kaum erprobt und konnten oft nur mit viel Eigeninitiative von Lehrkräften eingesetzt werden. Und viele dieser Lehrkräfte bekamen später Schwierigkeiten, weil sie möglicherweise datenschutzrechtliche Regelungen missachtet hatten …
Hier wurde deutlich: Statt z.B. Tablets und Smartphones in den Unterricht einzubeziehen, zu einem Gegenstand zu machen, wie es einst die Schiefertafel war, wurden Smartphone & Co in den meisten deutschen Schulen aus dem Unterricht verbannt. Stark von Kindern und Jugendlichen beeinflussten neue Kommunikationsformen, Gebräuche und Techniken, wurden und werden in ihrer Tragweite von den Schulen weder antizipiert noch berücksichtigt, geschweige den einbezogen. Eine Randnotiz: In einigen Ländern waren 2018 mehr als ein Viertel aller Neueinstellungen Lehrkräfte, die kein grundständiges Lehramtsstudium absolviert haben – auch das keine gute Voraussetzung, um gerade schwächere Kinder gezielt zu fördern. Aber vielleicht sind zumindest ein paar digital versierte Kräfte darunter …
Die Finnen ticken anders
Finnische Eltern und Lehrkräfte benutzen seit 20 Jahren eine Internetplattform mit dem schönen Namen Wilma (bedeutet Wille und Schutz). Über Smartphone, über Tablets oder den PC tauschen Schüler*Innen, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitung Informationen, Nachrichten aus, geben Feedback zu den Arbeiten, erteilen Hausaufgaben, kommunizieren Lernerfolge und und und und …
Welch ein Vorsprung gerade in Coronazeiten!
Quellen:
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation et al. (2020): Bildung in Deutschland 2020 Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt https://www.bildungsbericht.de/static_pdfs/bildungsbericht-2020.pdf
von Alten, Saara (14.04.2020) Homeschooling in Berlin und Finnland – ein Vergleich https://www.tagesspiegel.de/berlin/um-neun-uhr-gibt-es-den-ersten-videochat-homeschooling-in-berlin-und-finnland-ein-vergleich/25737678.html
Illustration: Lurs mit Laptop © LegaKids Stiftungs-GmbH / Jakob Weyde, Franziska Bachmaier
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