Corona-Angst bei Kindern: Wie damit umgehen?

Angst vor Corona: Unsere Kinder sind nun Tag für Tag mit Nachrichten konfrontiert, die auch von Erwachsenen schwer zu verkraften sind. Wir Erwachsene haben die Möglichkeit, diese Meldungen zu einem guten Stück rational einzuordnen. Bei Kindern, die die Fakten nicht so gut reflektieren können, bündeln sich die Nachrichten manchmal zu gewaltigen Ängsten. Oft sorgen sich die Kinder gar nicht so sehr um ihre Gesundheit, sondern darum, dass ihre Eltern erkranken oder gar sterben könnten, dass sie, die Kinder, allein gelassen werden.

Angst

Wenn ein Kind Ängste äußert, die in diese Richtung gehen, bietet sich eine Visualisierung an. Damit können wir verhindern, dass die Angst zu übermächtig wird und das Kind überrollt. Ein Kind zu fragen: „Hast du Angst?“, kann das Kind dazu verleiten, die Angst zu leugnen – es möchte als Held und nicht als Feigling dastehen. Wenn wir zu unseren Ängsten stehen und sie auch vor dem Kind nicht verstecken, geben wir dem Kind die Möglichkeit, auch zu seiner Angst zu stehen.

Angst besser bewältigen

Wir hören jetzt ständig im Radio Nachrichten oder sehen im Fernsehen Bilder über die Gefahr, die von dem Corona-Virus ausgeht. Diese Nachrichten und Bilder machen letztlich allen Menschen Angst. Angst davor, krank zu werden oder auch, dass Eltern, Großeltern, Verwandte oder Freunde krank werden oder gar sterben können. Es ist mutig und sinnvoll, sich diesen Gefühlen zu stellen. Denn wenn man die Angst äußert, kann man sie besser bewältigen.

Angst

Was tun?

Um der Angst der Kinder angemessen zu begegnen, sollte zunächst dafür gesorgt werden, dass die Angst das Kind nicht überwältigt. Helfen Sie Ihrem Kind, seine Angst realistisch einzuordnen. Dazu kann folgendes Spiel beitragen.

Für dieses Spiel braucht man:Gummibärchen gegen Angst

  • 100 Gummibärchen (die kann man leichter als Lebewesen begreifen)
  • einen Stift
  • ein Blatt Papier

Los geht’s

  1. Wir bauen zusammen mit dem Kind 100 Gummibärchen in einer Reihe auf.
  2. Der Erwachsene sagt: Jetzt stell dir vor: Wenn die Angst vor dem Corona-Virus sehr, sehr, sehr groß ist, dann ist sie so groß wie alle 100 Gummibärchen. Wenn sie nur winzig klein ist, dann ist sie eben nur höchstens ein Gummibärchen groß.
  3. Kannst Du mir zeigen, wie viele Gummibärchen groß deine Angst vor Corona ist?
  4. Jetzt zähle die Gummibärchen und schreibe die Zahl auf das Blatt.
  5. Die Reihe wird wieder aufgebaut. Jetzt zeige ich dir, wie groß die Gefahr für unsere Gesundheit ist, die tatsächlich von dem Virus ausgeht. Der/die Erwachsene nimmt 30 Bärchen weg und erläutert:  Ungefähr 30 von den 100 Bärchen werden sich gar nicht infizieren.
  6. Der/die Erwachsene nimmt weitere 56 Bärchen (das sind 80 Prozent der verbleibenden 70)weg  und erläutert: Schau mal. So viele, die den Corona-Virus aufschnappen, merken gar nichts davon oder haben nur etwas Husten, Halsschmerzen oder etwas Kopfweh.
  7. Jetzt sind noch 14 Bärchen übrig. Diese 14 Bärchen bekommen Fieber, Husten, Kopfschmerzen, aber die meisten können zu Hause im Bett bleiben und werden wieder gesund.
  8. Ein paar wenige – (man nimmt drei Bärchen zur Seite) – müssen  wohl ins Krankenhaus und werden dort behandelt.
  9. Eines aber könnte sterben. Vor allem, wenn es schon sehr alt ist oder vorher schon krank war. Aber auch für dieses Bärchen stehen die Chancen, weiterleben zu können, bei guter Behandlung gut.
  10. Während das erläutert wird, baut der/die Erwachsene die Reihe langsam wieder auf und setzt die letzten Bärchen dazu.
  11. Hast du alles verstanden? Dann zeige mir bitte, wie viele Bärchen groß jetzt deine Angst vor dem Corona-Virus ist und schreibe die Zahl auf das Blatt.
  12. Und weißt du, wie wir den Corona-Schurken besiegen können? Wenn wir alle zusammenhelfen. All die Maßnahmen, die jetzt gemacht werden, sollen helfen, dass nur wenige Menschen auf einmal ins Krankenhaus müssen. Dann können sie eine gute Behandlung bekommen. Wir alle können dazu beitragen, auch wenn es manchmal schwierig ist.

Zuversicht geben

Vielleicht entwickelt sich aus dem Spiel ja noch ein Gespräch und es fällt Ihrem Kind leichter, seine Ängste einzuordnen und zu formulieren. Geben Sie Zuversicht: Es kommen auch wieder andere Zeiten.

Was noch wichtig ist:

  • Versuchen Sie, liebgewonnene Rituale und Gewohnheiten des Alltags trotz der Krise aufrecht zu erhalten.
  • Etablieren Sie neue, schöne Rituale: Vorlesezeiten, Kuschelzeiten, gemeinsames Zubereiten der Mahlzeiten, Brettspielverabredungen, Vom-Tag-Erzähl-Stunde, oder, oder, oder.
  • Malen Sie sich mit Ihrem Kind gemeinsam aus, was Sie alles tun werden, wenn wieder Normalität eingekehrt ist. Sprechen Sie über die Veränderungen: Was fehlt Ihnen am meisten? Worauf können Sie gern verzichten?
  • Strukturieren Sie den Tag, damit nicht zu viel Leerlauf aufkommt. Binden Sie zum Beispiel Ihr Kind in alltägliche Abläufe ein.

Alles Gute und viel Kraft!

Michael Kortländer

P.S. Falls Sie Fragen oder Anregungen haben, können Sie mich gerne kontaktieren.

Bildquellen:
Kinderbild © privat
Foto Gummibärchen © Fotolia / Didier Chrétien

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10 Responses to “Corona-Angst bei Kindern: Wie damit umgehen?”

  1. Ingrid Naegele 27. März 2020 at 13:16 #

    Hoffentlich erreicht dieser vorzügliche Beitrag möglichst viele Eltern in der derzeitigen Krise. Noch zwei ergänzende Anmerkungen: Neben dem Verarbeiten durch Malen kann für Kinder Geschichtenschreiben in Form von Märchen, Comics oder Abenteuern sehr entlastend sein, auch Briefe an die Großeltern oder Freunde helfen, den Kontakt zu halten. Eltern sollten die Chance nutzen, ihr Kind im selbstständigen Lernen zu unterstützen und sich nicht als Ersatzlehrer missbrauchen zu lassen.

    • mm
      LegaKids 27. März 2020 at 15:25 #

      Herzlichen Dank, Frau Nägele, wir werden Ihre Anregungen in den nächsten Veröffentlichungen berücksichtigen. Alles Gute, Ihr Legakids Team

  2. Susanne Maetschke 27. März 2020 at 19:32 #

    Sehr geehrter Herr Kortländer!
    Dies ist ein sehr guter, ganz auf Kinder zuheschnittener Beitrag! Danke!
    Auf der Seite des Bayerischen Kultusministeriums gibt es ebenfalls einen guten Beitrag:
    Es ist ein zweiseitiger Brief des KIBBS-Team (Schulpsychologen im Kriseninterventions-Team), die den Eltern 11 Tipps geben, wie man die Kinder in der Krise am besten unterstützen kann, da selbst die Kleinsten mitbekommen, dass das Leben momentan nicht seinen normalen Gang geht.

    • mm
      LegaKids 30. März 2020 at 10:45 #

      Vielen Dank für Ihre Zeilen. Die KIBBS Tipps sind prima! Danke für den Hinweis.
      Alles Gute
      M.K.

  3. Julia Hien 31. März 2020 at 21:29 #

    Es tut mir leid, aber keines meiner drei Kinder sitzt vor 100 Gummibärchen und folgt mir bei irgendwelchen Ausführungen. Die einzige Frage, welche meine 2- bis 8-jährigen in diesem Moment umtreibt, ist ob und wie viele Gummibären sie davon wohl später bekommen..

    • mm
      Michael Kortländer 1. April 2020 at 10:50 #

      Vielleicht haben die Gummibärchen Ihnen etwas gebracht und wenn die Kinder Freude am Naschen hatten, ist das ja auch gut. Oder haben Sie alle selber weggeputzt? 🙂

  4. Tanja Kloyer 2. April 2020 at 14:55 #

    Ein sehr schönes, anschauliches Beispiel, das den Kindern mit Sicherheit Angst nimmt. Durch die täglichen Nachrichten und die extremen Vorsichtsmaßnahmen kann sich, glaube ich, kein Kind vorstellen, dass das Virus auch überstanden werden kann. Außerdem macht Ihr Beispiel nochmal bewusst, wieviel Angst überhaupt in Kindern stecken kann. Kinder fragen nicht immer weiter, wenn sie etwas nicht verstehen. Aber in ihnen entstehen die wildesten Fantasien.
    Danke!

  5. H.W.Reiter 11. Januar 2022 at 11:57 #

    Mein viereinhalbjähriger Enkel möchte absolut nicht mehr im Freien spielen. Obwohl er vor der Coronazeit nicht einzubremsen war. Noch dazu ist seine liebste Spielfreundin in unmittelbarer Nachbarschaft durch die Trennung ihrer Eltern selten verfügbar.
    Also ist der Kleine doppelt belastet.
    Als Oma möchte ich mich richtig verhalten, wie kann ich ihn motivieren Vielen Dank und lieben Gruß

    • H.W.Reiter 11. Januar 2022 at 12:01 #

      Nachtrag: In den Kindergarten geht er mit großer Begeisterung.

    • mm
      Britta Büchner 20. Januar 2022 at 17:14 #

      Liebe Frau Reiter,
      das ist natürlich eine schwierige Situation, wo man sich doch gerade jetzt für die Kinder wünscht, dass sie wenigstens draußen einigermaßen unbeschwert spielen können.
      Hier zwei Ideen:
      Lassen Sie Ihrem Enkel Zeit und drängen ihn nicht. Einfach immer wieder mal entsprechende Angebote für draußen machen, aber eher nebenbei und nicht fordernd.
      Und: Versuchen Sie durch Beobachtung und kleine Nachfragen herauszufinden, was er plötzlich am draußen Spielen nicht mehr mag, welche Gedanken und/oder Ängste da sind. Daran können Sie dann anknüpfen. Alles Gute für Sie und Ihren Enkel!

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