Warum alphaPROF? – Hintergrund und Grundüberlegungen
Dr. David Gerlach, Philipps-Universität Marburg, stellt Hintergründe und Ziele des Projekts vor: alphaPROF startete am 30. Januar 2015. Bis heute haben sich bereits über 1.850 Lehrkräfte registriert, um an dieser Online-Fortbildung teilzunehmen. Das Interesse ist somit sehr hoch und bestätigt die wissenschaftlichen Überlegungen, die diesem Projekt vorausgingen.
Grundüberlegungen
Viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland zeigen mannigfaltige Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Lese- und Schreibkompetenz. Dies kann mit dem Eintreten des Erwachsenenalters in einen funktionalen Analphabetismus münden. Im Jahr 2011 erst zeigte die leo-Studie der Universität Hamburg, dass die Zahl der funktionalen Analphabeten – derjenigen erwerbstätigen oder potenziell erwerbstätigen erwachsenen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die nicht ausreichend lesen und schreiben können – allein in Deutschland 7,5 Millionen beträgt (Grotlüschen/Riekmann 2011). Dabei stellen gerade die Kulturtechniken Lesen und Schreiben im Berufsleben harte Auswahlkriterien dar und gelten zudem als grundlegende Kompetenzen für eine tertiäre akademische Bildung an Universitäten und Fachhochschulen. Die Auswirkungen, die fortbestehende Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten auf die Leistung und auf die Chancen für Berufsanfänger am Arbeitsmarkt haben, sind nicht zu unterschätzen.
Trotz Ausbildung fehlt es an Fachwissen
In der seit mehreren Jahren geführten Inklusionsdebatte wird immer wieder gefordert, dass alle Schülerinnen und Schüler das Recht auf gemeinsamen Unterricht haben sollten. Gravierende Schwierigkeiten beim Lesen, Leseverstehen sowie in der Textkomposition und Rechtschreibung müssten dort folglich ebenso besondere Förderung erhalten. Doch die Lehrkräfte in Deutschland sind in den seltensten Fällen dafür ausgebildet, Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten zu erkennen, zu analysieren und betroffene Schülerinnen und Schüler adäquat zu fördern. Auch in anderen Ländern konnte gezeigt werden, dass Lehrkräften das entsprechende Fachwissen trotz ihrer Ausbildung fehlt (z. B. Cunningham et al. 2004, Moats/Foorman 2003). Dies stützt damit „the notion of a substantial gap between research on reading and teacher preparation in reading“ (die Vorstellung von einem erheblichen Abstand zwischen Leseforschung und Lehrerausbildung im Lesen; Spear-Swerling/Brucker/Alfano 2005, S. 267), gleichzeitig aber auch die Hoffnung darauf, dass sich dies ändern kann, denn: Eine bessere Ausbildung und Professionalisierung von Lehrkräften ist vielversprechend (z. B. Corvacho del Toro 2013).
Auf die Lehrer kommt es an
Lehrkräfte an den Schulen sind die Personen, die ihre Schülerinnen und Schüler mit möglichen Problemen am besten kennen und erleben. Daher werden Lehrkräfte aller Fächer im Rahmen des Projekts alphaPROF als Hauptakteure erfolgreicher Schriftsprachförderung und Alphabetisierung betrachtet, die eine besondere Schlüsselposition innehaben. Eine explizite Förderung und Fortbildung dieser Lehrkräfte wird ihre Diagnose- und Förderkompetenz signifikant erhöhen, der Entstehung von Lese- und Rechtschreib-Schwierigkeiten vorbeugen und bestehende Probleme verringern. Viele Lehrerinnen und Lehrer finden aufgrund ihrer vielfältigen Belastungen nicht die Zeit, um sich dem Angebot alphaPROF zu widmen. Jedoch: Viele methodische Ansätze und Ideen, die wir auf alphaPROF vorstellen, erleichtern sowohl Ihren Unterrichtsalltag als auch das Lernen der lese-rechtschreib-schwachen Schülerinnen und Schüler. Sie können als Lehrkräfte aktiv dazu beitragen, dass die Zahl der „Funktionalen Analphabeten“ nicht weiter ansteigt: Helfen Sie mit, dass weitere Fachkräfte von alphaPROF erfahren, unterrichten Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen von diesem Projekt – denn Unterrichten ist Ihr/ihr Beruf.
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